Karmakorthäon

Spielzeit 2

1001 Rausch

Geliebter Oheim,

ich bedaure, mich so lange nicht mehr bei Dir gemeldet zu haben. Es muss fast einen Götterlauf her sein. Wie ist es Dir in der Zwischenzeit ergangen? Ist bereits neuer Nachwuchs in Aussicht? Ich hoffe, die Geschäfte gehen gut und bescheren Dir und Deinen Lieben ein gutes Auskommen? Du fehlst mir Kubax. Keiner erzählt die Geschichten über den Orkensturm oder den Wolf von Winhall mit so viel Liebe und Hingabe, wie Du. Ich komme Dich besuchen, sobald ich wieder in heimischen Gefilden bin. Eh ich es vergesse, in dem kleinen Kästchen sind erlesene Gewürze aus Mhanadistan. Ich freue mich bereits heute schon, welche Speisen du daraus zaubern wirst.

Aber nun will ich Dir von dem erzählen, was mir wiederfahren ist, seitdem wir uns in Angbar verabschiedet haben.

(…) In meinem Dämmerzustand machte ich eine Gestalt aus, die meinem Bett gegenüber auf einem Stuhl saß und Pfeife schmauchte. Er wacht über mich. Es ist bereits das zweite Mal, dass er mir in Stunden der Not beiseite steht. Es ist ein beruhigendes Gefühl.

Wir erwachten alle nach und nach unbekleidet in einem Raum. Unser Freund Parinor war leider nicht anwesend. Wie wir schnell festgestellt haben, wurden wir in Hause Achams untergebracht. Es ist ein prächtiges Anwesen, fast schon ein Palast, mit einem schön gestalteten und großzügig bemessenen Innenhof, in dessen Zentrum ein Brunnen steht. Wir waren allesamt sehr entkräftet. Man ließ uns über einen Diener mitteilen (ein Kind, ich schwöre nicht älter als acht Sommer), dass der Herr des Hauses uns zum Abendessen empfängt. Bedauerlicher Weise haben in diesem Land die Worte Diener und Sklave annähernd gleiche Bedeutung. Nachdem wir unsere Kleidung zurück erhalten haben und uns den Tag mit wenigen und nicht anstrengenden Bewegungen und Tätigkeiten verbrachten, wurden wir in den ersten Stock in ein Zimmer geführt, das sicherlich 30 Personen Platz geboten hätte. Wenn du mich fragst, für einen Geldverleiher ist dies mehr Luxus, als er sich leisten können dürfte.
Acham war, ganz nach tulamidischer Manier, ein perfekter Gastgeber, der sich mit seinen Worten in Bescheidenheit übt und gleichzeitig mit seinem Reichtum protzt. Er eröffnete uns, dass wir von den Gauklern gerettet wurden und wir bereits einen Götternamen in seinem Haus gepflegt werden. Auf meine Frage, warum er all dies tut, sagte er nur, dass er Xalos noch einen Gefallen schuldig war. Etwas später, das Essen war bereits vorbei, erschien Xalos bei uns und Acham in einem üppig gestalteten Rauchsalon. Unser guter Freund Xalos erzählte, dass er uns kurz vor der Pforte der Toten gefunden hat. Parinor wurde im hiesigen Borontempel abgegeben. Sein Zustand sei nicht unbedingt lebensgefährlich, aber sein Geist scheint doch mehr gelitten zu haben, als meiner.

Du wirst es nicht glauben, aber wir wurden am nächsten Morgen von einer Norbardin geweckt, hier, im wunderschönen Mhanadistan. Nach einem Bad und einem kleinen Morgenmahl machten wir uns auf den Weg, Parinor zu besuchen. Der Borontempel ist ein imposantes Gebäude und wie vielerorts auch, passt er nicht recht ins Stadtbild, aufgrund der Gebäudefarbe. Khunchom erstrahlt in einem Weiß mit Hellblau, doch der Tempel des Raben ist schwarz, wie die Nacht.
Parinor wurde in einem der Räume hinter dem eigentlichen Gebetssaal untergebracht. Er sah friedlich aus, die Augen geschlossen, wie ein Schlafender. Ich bete zu Boron, dass er ihm die Gnade des Vergessens zuteilwerden lässt. Er ist noch so jung, sein Geist war dafür einfach noch nicht gefestigt genug.

Vom Borontempel aus machten wir uns zu unserem Freunden den Gauklern auf. Wusstest du, dass die meisten von ihnen in Khunchom bleiben, um zu überwintern? Ich bedankte mich natürlich bei unseren Rettern Bjarni (der thorwalsche Zahnreißer), Ugdalf (stärkster Mann östlich des Raschtullswalls) und Xalos. Ich überließ mein restliches tulamidisches Geld dem Patriarchen. Ein Fest als Dank sollte veranstaltet werden. Ich empfand es als angemessen. Wie Du weißt, fühlt sich Barax seit der Sache in Kuslik in der Schuld des listigen Gottes. Wir suchten auf dem Basar nach einem Phex-Schrein. Einmal mehr ist mir aufgefallen, dass Barax nicht in dieses Land passt. Die Art der Tulamiden zu reden und zu verhandeln, liegt ihm einfach nicht. Hier hat eben alles einen Wert und einen Preis. Nachdem drei Dukaten den Besitzer gewechselt hatten, nur um den Platz des Schreins in Erfahrung zu bringen, wechselten weitere 20 Dukaten den Besitzer. Was meinst Du, sind 20 Dukaten ein angemessener Preis dafür, dass der Fuchs ihn auf dem Weg zum Schmiedefeuer Angroschs abfing und zurück ins Diesseits sandte?

An diesem Abend aßen wir zum letzten Mal mit Acham. Er übergab uns die Reste unserer Ausrüstung. Und ja, Malmar Groscha Xamosch, das Amulett, mein Siegelring und mein Bürgerbrief waren, den Göttern sei Dank, auch unter den geretteten Gegenständen. Marik und Escalio erbaten sich ein Studierzimmer, damit sie ungestört ihre Funde aus der Gor und vom Basar durchstöbern konnten. Und genau hiermit nahm unser unrühmliches Schicksal seinen Lauf.

Während die kleine Lynn, Escalio, Barax und ich uns bereits am frühen Morgen darin übten, den Schwund der Muskulatur wett zu machen und die allgemeine Ausdauer zu steigern, in dem wir uns allerlei körperlichen Ertüchtigungen hingaben, interessierte sich Marik nur für die Bücher und Schriftrollen. Ich fand nichts dabei. Magier sind nun mal so. Aber ich sollte mich leider irren.
Bereits in der ersten Nacht kam er nicht in unsere Schlafstube. Er verweilte bei seinen Büchern, schlief über ihnen ein, und machte sofort weiter, als er wieder wach wurde. Eigentlich hat er Tag und Nacht nur ein Buch gelesen. Jenes Buch ohne Einband, welches er auf dem Basar erworben hat. Als am Abend darauf das Fest bei den Gauklern stattfand, war er nicht zu gegen. Kein Dank an unsere Retter, nichts.
Escalio erkannte am nächsten Morgen, nachdem er ihn wieder über seinem Buch eingeschlafen vorfand, das Zeichen und wusste, dass dieses Buch vernichtet werden musste. Nach einem gescheiterten Versuch, das Buch zu stehlen, machte er sich auf den Weg ins Gauklerlager, um mich zu benachrichtigen. Wir machten uns sofort auf den Weg zu Achams Palast.

Ganz wie Vater holten wir uns Lampenöl und Zunderdosen. Ich wollte meinen Freund, auch wenn er fehlgeleitet ist, nicht töten, geschweige denn ernsthaft verletzen. Ich wollte nur das Buch verbrennen, aber leider verlief es nicht alles nach Plan. Einen Zauberer dingfest zu machen, bedarf meist eines anderen Zauberers oder eines guten Schützen. Lynn, von Phex gesegnet, konnte die verschlossene Tür öffnen. Barax stürmte mit dem Felsspalter voran in den Raum, ich folgte ihm, danach Escalio, Lynn blieb in der Tür stehen.
Die Verwunderung stand Marik ins Gesicht geschrieben. Nach ein paar kurzen Worten entbrannte ein Kampf, den er eigentlich verlieren muss, doch das Buch hat ihm bereits dämonische Macht verliehen. Er wich all unseren Attacken aus, blendete sehr schnell Escalio und mich, schlug Lynn in die Flucht und tötete fast Barax mit mehreren Canti FULMINICTUS. Aber auch hier bewundere ich wieder die Stärke, Entschlossenheit und die Robustheit der Zwerge. Ein Mensch hätte bereits die Reise über das Nirgendmeer angetreten oder hätte sein Heil in der Flucht gesucht. Barax nicht. Er hat bis zum letzten Atemzug gekämpft.

Doch die Vielzahl an Zaubern hatte seine Kraft erschöpft. Er wollte sich grade aus dem Raum begeben, da fiel der Blendzauber von Escalio und mir ab. Nachdem ich mir kurz einen Überblick verschaffe, konnte ich Marik rechtzeitig erreichen, bevor er imstande war, die Tür zu öffnen. Von hier an wurde nicht mehr gekämpft. Wir haben mit ihm diskutiert, und es wurde eine sehr lange Diskussion. Er brachte seine verblendeten und ketzerischen Thesen an, wir hielten dagegen. Ein reines Gefecht der Worte. Während der Diskussion fiel die Temperatur so deutlich ab, dass man unseren Atem sehen konnte. Ich glaube, unser Glück war es, dass er das Buch noch nicht bis zu seinem Ende gelesen hatte. Sein eigener innerer Konflikt brachte ihn schließlich selbst zu Fall. Escalio verbrannte das Buch. Ich packte alles zusammen, mein ganzes Hab und Gut, und verlies auf der Stelle das Haus von Acham. Wir haben ihn, seine Familie und seine Ehre (und damit auch seinen Reichtum) in Gefahr gebracht. Seine Gastfreundschaft noch länger zu beanspruchen, würde an Hohn grenzen. Ich schämte mich so sehr, dass ich ihm nicht einmal bei meinen letzen Worten in die Augen sehen, geschweige denn Worte des Dankes sagen konnte. Ich floh mir selbst und den Menschen, die ich Freunde nenne, zu den Gauklern.

Ugdalf half mir, sich in seinem Wagen vor der Welt da draußen zu verstecken. Zu zornig und enttäuscht war ich, so dass ich den Wagen erst nach eineinhalb Tagen verließ. Bis dahin fertigte ich einen Brief an Acham an, in dem ich mich für das, was passierte, entschuldigte. Ich siegelte den Brief und fügte ihm das Exemplar von 1001 Rausch bei, welches ich auf dem Basar erstanden hatte. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit, es zu lesen. Ab dem Tag, an dem ich den Wagen verließ, führte ich sämtliche Leibesübungen nur noch in Rüstung durch. Ich quälte mich, denn Vater sagte immer, aus Schmerzen lernt man. Es dauerte einige Tage, bevor ich wieder mit dem Rest sprach und noch länger, bis ich Marik vergeben konnte. Auch seine Seele, so glaube ich, hat die Versuchungen nicht ganz unbeschadet überstanden. Aber auch er quält sich jeden Tag, um durch den Schmerz wieder zu sich selbst zu finden.
Die folgenden Wochen sahen immer recht ähnlich aus. Die Leibesübungen gingen trotz Rüstung immer leichter von der Hand, bis ich wieder in der körperlichen Verfassung war, wie vorher, vielleicht sogar etwas besser. Weißt du was Oheim, ich habe meine ersten drei Schüler in Lynn, Barax und Escalio gefunden. Und bei Rondra, wenn Parinor wieder vor mir steht, wird er der Vierte sein. Die Fortschritte und Erfolge, die sie in den letzen Monden erzielt haben, erfüllen mich mit Stolz.

Eines Abends am Feuer mit den Gauklern kam ein junger Novize der Boronkirche. Man erwarte uns dringend im Tempel (…)


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